Aktuell kommt es in verschiedenen Medien zu einem Wahlarzt-Bashing, das nicht unwidersprochen hingenommen werden kann: Ein Kennzeichen des Freien Berufs Arzt ist, dass wir Ärzt*innen wählen können ,wie wir arbeiten wollen, um unseren Beruf bestmöglich zum Wohl unsere Patient*innen auszuüben. Wahlärzt*innen tragen das wirtschaftliche Risiko für ihre Ordinationen. Die Rückerstattung durch die Sozialversicherung v.a bei der ÖGK entspricht zwar nicht dem tatsächlichen Wert ärztlicher Arbeit, ermöglicht uns aber auch finanzschwächere Patient*innen zu betreuen. Die überwiegende Mehrheit von uns behandelt nämlich keineswegs die „Schönen und Reichen“ sondern kompensiert, was die Kassenmedizin ihren Versicherten schuldig bleibt. Warum meiden Kinderärzt*innen zunehmend den Kassenbereich? Die freie Zeiteinteilung in der Wahlarztpraxis ermöglicht mehr Zeit für Gespräche, die den Aufbau einer tragfähigen Ärzt-Patientenbeziehung erst ermöglichen. Nur so kann der Impfskepsis wirksam begegnet werden! Nur so können partnerschaftliche Entscheidungen getroffen werden, sodass Therapien auch eingehalten werden. Das ist sowohl gesellschaftspolitisch wie auch ökonomisch ein Gewinn. Die Allgemeinheit und die ÖGK spart Geld!

Wahlärztliche Tätigkeit wird weder durch Primärversorgungszentren noch durch Ambulatorien ersetzt werden können. Die dortige Zielsetzung: Möglichst viele Menschen nach medizinischen und ökonomischen Standards zu behandeln ist Stärke und zugleich Schwäche dieser Institutionen. Der rasche Durchsatz bei laufend wechselnden Ansprechpartner*innen frustriert nicht nur die Hilfesuchenden, sondern trocknet auch die Motivation der Ärzt*innen aus. Die Ausbeutung der Arbeitskraft in den „Gesundheitsberufen“ hat nicht nur pandemiebedingt so zugenommen, dass eine Flucht aus den Beschäftigungsverhältnissen eingesetzt hat: Im besten Fall in die Wahlarztordination. Weniger positiv für Österreich ist die Absetzbewegung ins Ausland oder bei älteren Kolleg*innen der Rückzug ins Privatleben.

Der mittlerweile nicht mehr zu leugnende eklatante Ärztemangel kann weder durch Drohgebärden noch durch die forcierte Ausbildung von Kolleg*innen (an Privatuniversitäten mit öffentlichen Geldern!) zeitnah behoben werden. Auch die politisch propagierte Community Nurse kann Ärzt*innen nicht ersetzen- oder planen die gesundheitspolitisch Verantwortlichen ein Gesundheitssystem ohne Ärzte? Dies bitte ich aber dann auch der Bevölkerung mitzuteilen! Bis jetzt ist das Vertrauen in die Ärzteschaft bei Patienten noch vorhanden. Das Vertrauen in die Gesundheitspolitik ist zuletzt geschwunden.
Wagen wir einen Neuanfang! Rüsten wir verbal ab und beteiligen wir alle, die in der Praxis Patient*innen versorgen am Dialog statt sie auszuschließen. Die Schnittstellenproblematik zwischen verschiedenen Anbietern (Spital, niedergelassener Bereich) ist eine Baustelle, die dringend bearbeitet werden muss- Vermeiden wir Entwicklungen wie im angloamerikanischen Bereich: In diesen privatwirtschaftlich dominierten teuren Versorgungssystemen werden nur wohlhabende Menschen gut versorgt. Im benachbarten Ausland und im Pflegebereich machen sich schon Konzerne bereit und drängen auf den Markt. Bekennen wir uns zu einem solidarischen Gesundheitssystem. Betrachten wir Kassen- und Wahlarztmedizin als kommunizierende Gefäße, die unterschiedliche Bedürfnisse der Versicherten wahrnehmen.